Gnadenlose Komödie
Die Trennung von meiner Frau zog Konsequenzen nach sich, die ich damals noch nicht ahnen konnte. Vielleich sollte man erst Gras über so eine Sache wachsen lassen, bevor man sich zu schnell neu in ein Abenteuer stürzt. Das Internet aber bietet viele interessante Möglichkeiten…
Das Leben ist eine gnadenlose Komödie oder…
wie ich das Jahr 2012 erlebte!!
Ich möchte den geneigten Leser ganz gewiß nicht langweilen aber kennen sie das Märchen vom Prinzen mit den Eselsohren? Nein?
Kein Mensch durfte je erfahren,das er Eselsohren hatte.Seinen Kammerdienern untersagte man bei Androhung von Todesstrafe und oder qualvollen Folterungen, je ein Wörtchen von dem von sich zu geben, was sie in den heiligen Gemächern des Prinzen zu sehen bekamen.Einen dieser Kammerdiener quälte es jedoch so sehr, das er zu einer List griff um das Unaussprechliche doch über die Lippen zu bringen.Er begab sich zu einer weit vom Schloß entfernten Wiese, grub voller Hast ein Loch. Kaum konnte er er die Worte innehalten. Als er das Loch fertig hatte und er sich drüber beugte, platzte es dreimal aus ihm heraus:,, Der Prinz hat Eselsohren, der Prinz hat Eselsohren, der Prinz hat Eselsohren.“
Erleichtert, das er das zerstörerische Geheimniss endlich los war,schaufelte er das Loch zu und dachte das damit die Sache erledigt wäre. Doch weit gefehlt… denn immer kommt es anders.Schon bald wuchsen drei wunderschöne Blumen an genau derselben Stelle und immer wenn der Wind darüber strich, säuselten sie:,, Der Prinz hat Eselsohren, der Prinz hat Eselsohren,der…“ Menschen gingen an dieser Stelle vorbei, griffen das Geheimnis auf und so verbreitete es sich obwohl niemand etwas sagte… Darf ich mich vorstellen? Mein Name ist Leachim und ich bin der Komödiant in dieser Tragödie. Ich möchte gern, wenn Sie wollen, das Sie die Grube sind, die ich, der “ Kammerdiener“ , gegraben habe. Auch ich habe ein Geheimnis, das ich mit mir herumtrage und es will hinaus. Ich spreche es jetzt in sie hinein und ich werde mich beeilen, damit es mir nicht zu früh entrückt.Versprechen sie mir bitte, wenn aus Ihnen drei Blumen wachsen, stellen Sie sich nicht in den Wind, es soll doch unter uns bleiben.
Meinen Namen kennen Sie bereits und ich denke, das mein Geheimnis vielleicht kein richtiges Geheimnis ist und das Millionen Menschen auf der ganzen Welt ähnliche Geheimnisse, die sie zerstören,auffressen und verändern mit sich herumtragen und Angst haben sie irgendjemandem mitzuteilen. Aber das ist egal, ich habe mein persönliches Geheimnis und ich vertraue Ihnen.
Im April verließ mich ganz überraschend , nach achtzehn gemeinsamen Jahren, meine Frau. Sie fand irgendwo eine rosarote Brille, setzte sie auf, verliebte sich in einen Frauenversteher und warf mich auf den Dung. Die ersten Tage waren sehr schwer für mich. Ich aß und trank nichts, fand nächtelang keinen Schlaf, ein ganz gemeines Kopfkino quälte mich. Aber es geht nicht um diesen verlorenen Lebensabschnitt.
Fast zeitgleich meldete ich mich bei einer Internetplattform namens „Friendsurch“ an. Nach einigem herumsuchen und Geplänkel, fand ich ein interessantes Profil einer jungen Frau, Rilana war ihr Name. Sie war blond, hatte etwa schulterlanges Haar und schien recht attraktiv zu sein. Ich muß dazu sagen das dass meine ersten Erfahrungen diesbezüglich im Netz waren. Ich schrieb sie also vorsichtig an. Mein erstes Wort beschränkte sich auf ein beknacktes „Hallo“. Tatsächlich kam ein Hallo zurück. Tja und so begann es mit meiner ersten Internetbekanntschaft, die mir noch so viele Kopfschmerzen bereiten sollte.
Ich erfuhr von ihr Trost und liebe Worte, die wirklich Balsam für meine Seele waren. Jeden Tag nach getaner Arbeit setzte ich mich an den Rechner und wartete auf sie. Manchmal war sie tagelang nicht „on“. Ich schrieb ihr trotzdem. Sie erschien mir wie ein Leuchtturm im Nebel der Hoffnungslosigkeit. Mit der Zeit lernten wir uns immer besser kennen und vertrauen. Wir wechselten auf ihren Wunsch hin die Plattformen um uns schneller schreiben zu können. Hier war auch der Austausch von virtuellen Emotionen möglich. Ich weiß, das ich ein aufmerksamer Zuhörer und Erzähler sein kann. Ich erzählte ihr von mir und sie mir aus ihrem Leben. Eines Tages mußte ich dienstlich für mehrere Tage auf die Nordseeinsel Amrum. Rechtzeitig tauschten wir die Handynummern um uns weiter per SMS“unterhalten“ zu können. Dann schrieb sie mir, das sie von einem Nazi eine Emo bekommen hätte. Ich wollte lustig sein und fragte:,, Was schickt ein Nazi denn , einen Panzer?“. Sie fand das gar nicht lustig und schrieb zurück :,, Einen Panzer? Das ist nicht nett“ und noch irgendetwas, worauf ich antwortete:,,Ich laß mich nicht verbiegen“. Von da an war Funkstille. Wenn ich gewußt hätte, wie kompliziert alles noch werden würde, hätte ich es dabei belassen. Zu diesem Zeitpunkt war alles noch einfach.
Ich war wieder zu Haus und suchte mir halt noch ein paar Mädels im Netz und mit den Nettesten schrieb ich sehr oft, tauschte EMO´s und Handynummern und verabredete mich. Ich war sicher, Rilana wollte nichts mehr von mir wissen…
Doch an einem Freitag, ich saß in der Wanne, hörte ich mein Handy summen. So wie ich war, stand ich auf und holte es. Oh Wunder, es war Rilana. Die Nachricht lautete:,, Wollen wir uns denn wieder vertragen?“ Ich fand sie süß aber ich kämpfte mit mir, denn damals besaß ich noch eine gute Portion männlichen Stolzes. Ich gab nach…und so nahm das Schicksal seinen Lauf.
Sie gab mir zu verstehen, das sie eifersüchtig sei, denn sie könne ja sehen mit wem ich schriebe und von wem ich Emo´s erhielte. Das sie das erst in Gang gesetzt hatte,verschwieg ich ihr lieber.Schon damals hätte ich etwas ahnen müssen. Unsere bis dato noch virtuelle Beziehung wurde inniger, uns verband etwas und ich nannte es das unsichtbare Band. Rilana schrieb, das sie es auch ganz deutlich spüre.Es war wie ein permanenter leichter Zug. Wir spürten es den ganzen Tag , es war mystisch.
Dann mußte ich für vier Tage in den Harz fahren. Ich hatte vor längerer Zeit einen Kurzurlaub für mich und meine Frau gebucht und ihn schon bezahlt. Da wir ja getrennt waren, trat ich ihn allein an. Meine Jungs , die ich bis jetzt noch nicht erwähnte, waren mit dem THW in Tschechien. Während dieser vier Tage,waren Rilana und ich mit dem Handy verbunden und schickten uns viele viele Nachrichten. Ich sandte ihr ein kleines nettes Gedicht, das ich ,,Das nette Mädchen“ nannte. In Gedanken waren wir immer zusammen und das unsichtbare Band spannte sich mehr und mehr. So etwas seltsames, wunderbares hatte ich in meinem ganzen Leben weder gespürt noch erlebt und das machte diese merkwürdige Beziehung zu etwas ganz besonderem. Dann war ich wieder zu Haus und das Leben lief weiter. Ich hatte meine virtuelle Freundin immer bei mir. wir sendeten uns viele Nachrichten, ich konnte mich kaum auf die Arbeit konzentrieren. Mein Chef durfte mich ja nicht erwischen, es machte aber wahnsinnigen Spaß und die Arbeitstage wurden sehr viel erträglicher.Auch Rilana schrieb, das ihre Kolleginnen in der Arztpraxis sich bereits wunderten, warum sie den ganzen Tag mit dem Handy durch die Gegend laufe. Irgendwie hatte ich sie dann eines Tages wieder verärgert und es herrschte die bekannte Funkstille. Manchmal war es wirklich schwierig mit ihr. Warum war sie so…? Ich kannte da noch ein Mädchen, aus Lübeck, auch über´s Netz. Sie hieß Ramona und die besuchte ich in dieser Zeit einfach. Ich dachte, ich laß mich doch nicht zum Narren halten. Wir aßen Kuchen,tranken Kaffee und gingen mit dem Hund. Ein sehr nettes Mädchen, übrigens. Das schrieb ich dann auch Rilana. Damit hatte ich eine Lawine losgetreten. Zuerst gab es eine Nachricht auf dem Handy, die sich schon sehr böse anhörte. Oh, die Frau hatte Feuer. Auf der Plattform ging es dann weiter. Ich wäre taktlos, mich einfach mit anderen zu treffen, obwohl ich schon mit ihr verabredet war. Das stimmte, wir hatten nur noch nicht gesagt, wann. Ich suchte doch wieder eine Partnerin, aber wenn sie sich doch immer so komisch benahm…Wir vertrugen uns wieder. Dann war Urlaubszeit. Sie flog nach Teneriffa und ich fuhr mit meinem Sohn Lennard nach Dänemark. Wir versprachen , uns nach dem Urlaub zu treffen und jeder sollte dem anderen einen Stein aus dem Urlaubsland mitbringen. Der Urlaub war vorbei und wir trafen uns wieder im Netz und tauschten die Erlebnisse aus. Mein Gott…ich fühlte mich so zu ihr hingezogen. Auch in dieser Sekunde wieder, obwohl es so lange her ist. Sie erzählte mir sehr persönliche Sachen aus ihrem Leben. Wie sie von Männern belogen, betrogen ausgenutzt, genötigt,ja sogar vergewaltigt wurde. Von der Trennung von ihrem Mann, von ihrem Suizidversuch und der anschließenden dreimonatigen Verwahrung in der geschlossenen Psychatrie, von ihren beiden Söhnen Justus und Florian. Flori ist behindert, hat authistische Züge und ein unterentwickeltes Bein. All das und ihre ansonsten doch recht unbekümmerte Art und unsere Intimität und Frotzeleien über das Netz öffneten in meinem bis dahin doch eher unromantischem Herzen eine Tür in die ich sie gern eintreten lassen wollte. Ich grüßte sie persönlich über unseren Radiosender und sie spielten ihr Lieblingslied. Sie freute sich und nannte mich einen verrückten Hund. Wir setzten einen Termin und legten einen Ort für unser erstes Date fest. Ein Picknick sollte es werden, auf einer Wiese, vor einem Kloster, an einem See. Jeder sollte etwas mitbringen. Ich war für den Kuchen zuständig. Der große Tag war gekommen, ich ging noch einmal durch meinen Garten und schnitt ein paar Blumen, die ich meinem virtuellen Mädchen, dass nun heute endlich Wirklichkeit werden sollte, schenken wollte. Das ich Klotz überhaupt an so etwas dachte. Auf meiner Fahrt war ich seltsamer Weise recht cool, ich dachte nur, jeder ist seines Glückes Schmied und ich schmiede heut mein Eisen. Das Wetter war ausgerechnet heute nicht in Date- Laune. Es regnete Mistforken mit den Zinken nach unten. Wir wollten uns bei einem Eiskaffee treffen und dann weiterfahren. Ich war zuerst dort, stellte meinen Pick-up in eine Parklücke und wartete auf sie. Plötzlich sah ich im Rückspiegel ein blondes Köpfchen, das mußte sie sein. Ich stieg aus und ging auf sie zu. Mann…sie war genau mein Typ. Ob sie es glauben oder nicht, ihre ersten Worte lauteten: ,, Achim, ich muß mal“. Junge, das war unschlagbar.
Nachdem fuhren wir zum Kloster. Leider war das Wetter noch schlechter geworden und so wurde nichts aus dem Picknik. Wir setzten uns in das Klosterkaffee bestellten uns Kaffee und Kuchen und unterhielten uns sehr, sehr gut. Anschließend schlenderten wir noch ein Weilchen herum bevor wir wieder zum Auto gingen. Mann oh Mann, sie war ein tolles Mädchen, gute Figur, schöne blaue Augen, nettes Gesicht und nicht dumm. Ich konnte sie gut leiden und glaubte das sie mich auch mochte. Die biochemischen Faktoren zwischen uns schienen zu stimmen und in meinem Hirn machte es Klick. Sollte ich doch noch einmal in meinem Leben Glück haben? Auf alle Fälle hatte ich mich auf den ersten Blick in sie verliebt. Danach fuhren wir zu ihr nach Haus und sie zeigte mir ihre Wohnung, anschließend schwebte ich auf Wolke sieben in Richtung Heimat. Dieser Tag war ein so schöner Tag, einer der schönsten der letzten zwei Jahre. Wir hatten verabredet, das sie mich am folgenden Mittwoch besuchen sollte, mit Übernachtung aber nur schlafen und keinen…sie wissen schon was…Ich freute mich auf sie, unsere Orte lagen nicht grad um die Ecke, uns trennten einhundertdreißig Kilometer.Endlich war es soweit, sie stand in einem bezaubernden Sommerkleid vor mir und sagte:,, Achim, ich muß mal“. Na das war ja nichts neues. Ich hatte den Grill und mein Herz entflammt und wir aßen, tranken Wein und unterhielten uns, hielten uns in den Armen und an Schlaf war in dieser Nacht nicht zu denken, wegen…sie wissen schon was… Am nächsten Morgen waren wir müde aber guter Dinge. Sie fuhr die 130 Kilometer zu ihrer Arbeitsstelle und ich ging meiner Beschäftigung nach. Am Wochenende sollte ich zu ihr und dann auch ihre Jungs kennenlernen.Ich war aufgeregt, konnte es kaum aushalten…Endlich war der Samstag herangeschlichen und ich packte meine Tasche mit dem nötigsten, ein Strauß roter Rosen war auch dabei und fuhr wie der Teufel. Das die Autobahn mir gehörte, konnten die anderen Fahrer gar nicht verstehen. Na ja sie waren ja auch mal verliebt…Die Stadt in der ich mein Herz verlor, zeigte sich im strahlendsten Sonnenschein und mein Navi verriet mir das ich meinen Bestimmungsort erreicht hatte. Alles in mir sehnte sich danach meinen blonden Engel endlich wieder in die Arme zu schließen. Ich parkte meinen Pick-up wie ein Pfund Möhren und hätte mich am liebsten direkt in ihre zarten Arme gebeamt.An der Freisprechanlage ihres Klingelknopfes erwartete mich Flori, auch er war ganz ungeduldig. Mit ihm hatte ich schon einmal ganz nett telefoniert und erkannte ihn deshalb an der Stimme: Achim, komm doch rauf“, sagte er und drückte auf den Öffner. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Noch bevor das Summen des Öffners verstummte, hatte ich die drei Stockwerke überwunden , stürzte durch die geöffnete Tür und fiel ihr um den Hals. Hmm… wie sie duftete. Küsse, Küsse,Küsse…wie hatte sie mir gefehlt.Flori nahm mich dann an die Hand und geleitete mich stolz in sein Zimmer. Rilana hatte mir ja schon viel von ihm und seiner Behinderung erzählt und das er vieles immer und immer wiederholte und ich hatte mir schon ein Bild von ihm gemacht, doch ich stellte fest das es falsch war.Er war vielleicht etwas anders aber nicht in dem Maße wie ich mir das durch ihre Schilderungen vorgestellt hatte.Er redete und redete wie ein Wasserfall nach dem Monsun aber das machen ja viele fünfjährige und ich kannte das noch von meinen beiden . Ich fand es nicht ungewöhnlich. Später erfuhr ich dann von ihr, das die Ärzte ihr eröffnet hatten das er auf Grund seiner Behinderung nie richtig sprechen und gehen könne. Aber durch intensive Bemühungen und rührender Mutterliebe hatte sie es geschafft , diese Aussagen Lügen zu strafen. Was für eine tolle Frau und Mutter. Wie konnte man so ein Wesen nur betrügen oder verlassen? Ich wollte von nun an für
sie da sein, soweit es in meiner Macht stand und sie es zuließ.